Sektorprogramm
Rohstoffe und Entwicklung

Nachhaltigkeitsstandards Indigene Beteiligungsformen im Rahmen von Nachhaltigkeitsstandards: Das IPAF Jahrestreffen 2018 in Surinam

Rohstoffabbau kann mit massiven Umweltverschmutzungen und Menschenrechtsverletzungen einhergehen. Besonders betroffen sind oftmals indigene Völker in Bergbaugebieten. In zunehmendem Maße versuchen Nachhaltigkeitsinitiativen, wie die Aluminium Stewardship Initiative (ASI), deshalb auch die Rechte von indigenen Völkern, durch Einführung von Umwelt- und Sozialstandards, entsprechend der Vorgaben des Völkerrechts und der Menschenrechte zu schützen. ASI ist eine internationale Multistakeholderinitiative der Aluminiumbranche, die sich durch Zertifizierung für eine verantwortungsvolle Aluminiumgewinnung einsetzt und Vorbildfunktion für andere Rohstoffsektoren besitzt.

Indigene Völker werden dennoch nur zum Teil in Nachhaltigkeitsstandards beziehungsweise -initiativen berücksichtigt. Wenn überhaupt sind sie meist Objekt der Diskussionen und nehmen nicht als gleichberechtigte Partner in relevanten Prozessen wie Standardentwicklung oder Evaluierung teil. Abhilfe will die ASI durch das Indigenous Peoples Advisory Forum (IPAF) schaffen, das Teil ihrer Governance-Struktur ist. Das 2016 gegründete Forum soll die Initiative zu indigenen Belangen beraten und hat Modellcharakter als Dialogforum zur Einbeziehung der Rechte und Interessen indigener Bevölkerungsgruppen. Besonders relevant ist dabei die Reichweite und Umsetzung des Prinzips des Free, Prior and Informed Consent (FPIC).

Ende März 2018 fand nun das dritte Jahrestreffen des IPAF in Surinam statt. Mehr als 20 Teilnehmer aus Australien, Brasilien, Deutschland, Großbritannien, Indien, Kambodscha, Philippinen und Surinam diskutierten zusammen über Erfahrungen und Best Practices, sowie Fragen zu Aufbau und Aufgaben des Forums. Die Forumsmitglieder, Vertreter von Bauxitbergbau betroffenen Gemeinden oder organisierter indigener Interessensgruppen, begrüßten eine kleine Anzahl internationaler Gäste, zu denen auch ein Berater des SP Rohstoffe und Entwicklung gehörte. Teil des Programms war der Besuch einer rehabilitierten Bauxitmine und eines Urwaldgebietes, das als Bergbaugebiet ausgewiesen wurde und dessen Anerkennung als indigenes Land die dort ansässigen indigenen Völker mit Hilfe des interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs zu erreichen suchen.

Das SP Rohstoffe und Entwicklung hatte gemeinsam mit Landroc eine Studie zu Formen der indigenen Beteiligung bei Nachhaltigkeitsstandards als Input für die IPAF Diskussionen erstellt. Die Autoren vergleichen u.a. fünf Zertifizierungsprogramme, neben ASI, den Responsible Jewellery Council, den Forest Stewardship Council, den Roundtable on Sustainable Palm Oil and Equitable Origin, mit Blick auf die Behandlung indigener Themen. Auf Grundlage umfassender Literaturrecherche und einer Vielzahl an Interviews führen die Autoren des Weiteren Best Practices bei der Implementierung von FPIC, von Auditing inklusive partizipativer Datenerhebungsmechanismen, sowie von Beschwerdemechanismen und Entschädigungsmöglichkeiten auf. Besonders erwähnenswert ist das Beispiel der Gulkula Mining Company (GMC), einem australischen Bauxitunternehmen, das zu 100 Prozent in indigenem Eigentum und Management liegt. Das Unternehmen sucht gegenwärtig ASI Zertifizierung und will zusammen mit Nespresso eine transparente Lieferkette vom GMC Abbau bis zur fertigen Nespresso Kaffeekapsel schaffen.

Als Herausforderung führt die Studie gegenseitige Verständnisschwierigkeiten zwischen indigenen Völkern und Prüfern von Nachhaltigkeitsinitiativen hinsichtlich der teilweise komplexen Themen und Systeme der jeweils anderen auf. Vorgeschlagen wird FPIC Prinzipien auch bei der indigenen Beteiligung, z. B. im Rahmen von Zertifizierungen beziehungsweise Beschwerden, anzuwenden. Zu oft sind indigene Völker nicht hinreichend über ihre Rechte innerhalb der Nachhaltigkeitsstandards informiert und besitzen daher nur eingeschränkte Beteiligungsmöglichkeiten. Neben dem Aufbau von Kapazitäten müssen indigenen Vertretern ausreichend Zeit und Ressourcen für die eigene Positionierung zur Verfügung gestellt werden, sodass sie als ebenbürtige Akteure, etwa bei einem Standardsetzungsprozess oder der Beurteilung einer Beschwerde über einen Minenbetreiber, agieren können. Zu der vermehrten Nutzung von innovativen und digitalen Technologien, fordern die Autoren detaillierte, auf regionale Besonderheiten angepasste, Leitfäden zur Verifizierung von FPIC zu erarbeiten. Um die Fähigkeiten indigener Datenerhebung zu fördern, empfehlen die Autoren ein on-the-job Training durch eingesetzte Gutachter und Prüfer. Außerdem wird die Nutzung von Schuldverschreibungen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards vorgeschlagen, um indigene Rechte auch nach Entzug einer Zertifizierung sicherzustellen.

Die Studie lieferte einen wichtigen Diskussionsbeitrag für das IPAF Treffen. Eine schriftliche Kommentierung und Überarbeitung der Studie wird folgen. Das Forum zeigte großes Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Im Nachgang zu dem Treffen wird IPAF nun Empfehlungen für ASI zu indigenen Belangen aussprechen, einen öffentlich zugänglichen Konferenzbericht erstellen und seinen Arbeitsplan im Lichte der Diskussionen finalisieren. Das nächste Jahrestreffen ist für Februar 2019 in Indien angesetzt.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie gerne Johanna Wysluch. (Externer Link)