26.05.2021 Nachhaltige Digitalisierung beginnt mit Rohstoffen - und Ihrem Smartphone
Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind Teil des Alltags. Wir alle nutzen täglich Smartphones, Tablets und Computer, sehen fern und sind auf das Internet angewiesen.
Doch was steckt in den IKT-Produkten? Ist die IKT-Lieferkette verantwortungsvoll? Was sind die Herausforderungen beim Abbau der Mineralien und der Herstellung der Geräte? Wo liegen die Hindernisse für Recycling und eine Kreislaufwirtschaft?
Diese Fragen wurden von einem Panel mit Teilnehmenden aus Privatsektor, Politik und Zivilgesellschaft bei der digitalen Veranstaltung „Verantwortungsvolle Rohstoffversorgung und Produktion von IKT“ am 19. Mai diskutiert. Die Session war Teil der Konferenz green.net.working (Externer Link). am 19. und 20. Mai. Die Konferenz wurde gemeinsam vom Öko-Institut (Externer Link) und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ GmbH ausgerichtet.
Das vom Sektorprogramm „Rohstoffe und Entwicklung“ und dem Öko-Institut organisierte Panel setzte sich aus fünf Expertinnen und Experten zusammen:
- Prof. Dr. Marie-Rose Bashwira, außerordentliche Professorin an der Université Catholique de Bukavu in der DRC, wissenschaftliche Koordinatorin des Forschungszentrums für Gender und Entwicklung und Wissenschaftlerin am Centre de Gestion Minière (CEGEMI) in Bukavu (DRC)
- Alejandro Gonzalez, Internationaler Koordinator des Good Electronics Network, SOMO
- Thea Kleinmagd, Innovatorin für zirkuläre Materialketten, Fairphone
- Davide Polverini, Referent, GD Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, Europäische Kommission
- Dr. Philip Schütte, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Digitalisierung ist notwendig - Digitale Technologien benötigen Rohstoffe
Die Digitalisierung ist auf den Einsatz von Rohstoffen angewiesen (Primärbeschaffung und Recycling). Ein Smartphone benötigt mehr als 40 verschiedene Minerale und Metalle.
Die Podiumsteilnehmenden zeigten auf, dass gerade am Anfang der IKT-Wertschöpfungskette der Abbau von Primärrohstoffen wie Gold, Zinn oder Kobalt oft mit sozialen und ökologischen Risiken verbunden ist. Berichte aus der Demokratischen Republik Kongo zeigen, dass der Bergbau von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold (3TG) häufig mit der Finanzierung bewaffneter Konflikte einhergeht. Mehrere internationale Standards, Initiativen und Richtlinien befassen sich mit den Risiken des Bergbaus. Ein prominentes Beispiel ist die EU-Konfliktminerale-Verordnung, die EU-Importeure der 3TG verpflichtet, sicherzustellen, dass sie unternehmerische Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten erfüllen. Die Diskussionsteilnehmenden stellten aber auch fest, dass der Bergbausektor trotz aller Risiken die Möglichkeit bietet, erhebliche Staatseinnahmen zu generieren und zur wirtschaftlichen Entwicklung beizutragen. Dies kann die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen unterstützen.
Recyclingquoten müssen verbessert werden
Das Recycling von Rohstoffen kann helfen, Abfall zu reduzieren und Produktionsketten klimafreundlicher zu gestalten. Allerdings sind die Recyclingquoten wichtiger Metalle noch relativ niedrig, sodass die steigende Nachfrage nach Rohstoffen wie Lithium, Kobalt oder Aluminium weiterhin zum Großteil aus dem Bergbau gedeckt wird. Die Bedeutung einer verantwortungsvollen Lieferkette, welche Umwelt und Menschenrechte achtet, wurde von allen Diskussionsteilnehmenden hervorgehoben.
Verantwortungsvolle Herstellung und begleitende Maßnahmen
Darüber hinaus diskutierten die Podiumsteilnehmenden die teils problematischen Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von IKT-Produkten, darunter unsichere Arbeitsverhältnisse sowie der Einsatz von Zeitverträgen, niedrige Löhne und mangelnde Gewerkschafts- und Tarifverhandlungsrechte.
Neben Umständen der Produktion spielt die Art und Weise des Designs eine große Rolle bei der Nachhaltigkeit von IKT-Produkten. Internationale Regelungen wie die EU-Ökodesign-Richtlinie beziehen sich auf Themen wie (1) Produktlebensdauer (z. B. Schutz vor Wasser und Staub, Austauschbarkeit des Akkus, Verfügbarkeit von Updates), (2) Reparaturfähigkeit (Zerlegbarkeit, Verfügbarkeit von Ersatzteilen), (3) Vorbereitung zur Wiederverwendung (Datenlösch- und Übertragungsfunktionalitäten), (4) Lebensdauer und Kapazität des Akkus. Die Panelteilnehmenden stimmten überein: Mit derartigen Regelungen, die Mindeststandards schaffen und vereinheitlichen, wird ein Beitrag geleistet Märkte nachhaltig zu verändern.
Am Ende war sich das Panel einig, dass private Unternehmen, insbesondere die großen Tech-Firmen und deren Zulieferer, Verantwortung tragen, die Bedingungen entlang der gesamten IKT-Lieferkette zu verbessern. Gesetzliche Regulierungen können verschiedene Punkte der Lieferketten abdecken, z.B. den Abbau von Rohstoffen, die Herstellung aber auch das Produktdesign, die Nutzung/Recycling am Ende des Lebenszyklus. Und auch wir als Konsumentinnen und Konsumenten spielen eine Rolle: Wir können nach verantwortungsvolleren Smartphones fragen und alte Geräte in die Kreislaufwirtschaft zurückgeben. Und wir sollten uns fragen, ob wir wirklich immer das neueste Gerät haben müssen.