Sektorprogramm
Rohstoffe und Entwicklung

Nachhaltige Lieferketten Tagung „Demokratisierung in der Krise? Situation und Perspektiven in der DR Kongo“

Für viele ist es selbstverständlich, ein oder sogar mehrere Handys zu besitzen. In Deutschland hat ein Handy eine durchschnittliche Lebendsauer von ca. 18 Monaten: Geht eins kaputt, wird einfach ein neues Gerät gekauft. Aber möchte man wirklich ein Smartphone kaufen, das Rohstoffe enthält, durch die gewaltsame Konflikte finanziert werden? Oder die durch Kinder- oder Sklavenarbeit abgebaut wurden? Die Problematik ist nirgendwo so brisant wie im Kleinbergbau der Demokratischen Republik Kongo. Man denkt, der Konflikt im Kongo ist weit weg. Jeder der ein Smartphone besitzt, hat jedoch damit zu tun.

Aus diesem Grund hat das katholische Hilfswerk Missio die Unterschriftensammlung „Aktion Saubere Handys“ ins Leben gerufen. Die Petition fordert von Herstellern von Mobiltelefonen, nur Rohstoffe für die Produktion von Smartphones zu verwenden, die nachweisbar nicht aus illegalem Abbau stammen. Die 60.000 gesammelten Unterschriften wurden nun im Rahmen einer hochrangigen Tagung von Missio in der Katholischen Akademie Berlin am 25.-26.11.2019 durch Missio-Präsident Dirk Bingener, Moderatorin Gundula Gause und Dr. Denis Mukwege, Friedensnobelpreisträger des Jahres 2018, an das BMZ übergeben. Dr. Stefan Oswald, Abteilungsleiter Afrika im BMZ, nahm die Unterschriften in Vertretung von Bundesminister Dr. Gerd Müller entgegen, der die Schirmherrschaft über die Veranstaltung mit dem Titel „Demokratisierung in der Krise? Situation und Perspektiven in der DR Kongo“ übernommen hatte.

Ca. 80 Vertreter*innen aus Katholischer Kirche, Zivilgesellschaft, öffentlichen Einrichtungen und Privatwirtschaft aus DEU sowie der DR Kongo kamen zusammen, um mit Expert*innen verschiedene Aspekte des kongolesischen Demokratisierungsprozesses zu diskutieren. In über der Hälfte der Beiträge spielten die Rohstofffragen eine große Rolle.

In der Eröffnungsrede stellte MinDir. Dr. Oswald den Marschallplan für Afrika vor und sprach über die Grundintention und Schwierigkeiten der künftigen Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika im Sinne einer Partnerschaft auf Augenhöhe. In einem Panel mit Titel „Das Paradox des Reichtums“ berichteten Prof. Ferdinand Muhigirwa (Université Loyola du Congo), Dr. Sören Dengg (RL 412, BMZ), sowie Telekommitarbeiterin Cornelia Szyszkowitz aus ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen und Sichtweisen zur Problematik von Rohstoffabbau und fairen Lieferketten. Herr Muhigirwa gab einen allgemeinen Überblick über den kongolesischen Rohstoffreichtum und seine Herausforderungen. Er beklagte insbesondere die Korruption und ungenügende Staatseinkünfte durch Rohstoffabbau und forderte ganzheitliche Entwicklungseinsätze. Herr Dengg sprach über die Herausforderungen beim Aufbau fairer Lieferketten von Mineralen aus Konfliktregionen. Er schilderte die unterschiedlichen Regulierungen und entwicklungspolitischen Maßnahmen zu Sorgfaltspflichten und Zertifizierungssystemen zu Konfliktmineralen. Dabei gibt es weiterhin Probleme bei der Wirkungsmessung und Datenerfassung. Am Ende ging er auf die menschenrechtlichen Herausforderungen beim Abbau von Kobalt ein. Anschließend berichtete Frau Szyszkowitz über die Praxis der Telekom mit Blick auf verantwortungsvollen Rohstoffbezug. Sie betonte die Bedeutung von verantwortungsvollem Rohstoffbezug und sprach sich für den Schulterschluss zwischen verschiedenen Sektoren, z.B. im Rahmen von Multi-Akteursinitiativen, aus.

Am Abend des 25.11. fand zusätzlich zur Tagung eine Vortragsveranstaltung mit anschließender Podiumsdiskussion in der Berliner Charité statt, die mit ca. 400 Teilnehmenden großen Anklang fand. Dr. Mukwege referierte anschaulich und bewegend über seine chirurgische und seelsorgerische Arbeit mit Opfern sexueller Gewalt im Kongo. An der von Gundula Gause moderierten, anschließenden Diskussion nahmen neben Dr. Mukwege auch der Präsident des World Health Summit, Prof. Detlev Ganten, sowie Thérèse Mema Mapenzi, Traumatherapeutin und Sozialarbeiterin aus dem Kongo, teil. In Vortrag und Diskussion stellte Dr. Mukwege u.a. heraus, dass der Kongo-Konflikt vorrangig ein wirtschaftlicher sei. Das Interesse für die Rohstoffe des Landes sei weiterhin Konflikttreiber. Die ab 2021 für EU-Importeure verpflichtende EU Verordnung zu Konfliktmineralen und den amerikanischen Dodd-Frank Act (Externer Link) bezeichnete Dr. Mukwege als „kleine Fortschritte“ in die richtige Richtung. Frau Mema Mapenzi betonte, wie wichtig Systeme zur Nachverfolgbarkeit der Herkunft von Rohstoffen seien, um den Regelungen Kraft zu verleihen. Prof. Ganten nahm zudem alle rohstoffbeziehenden Staaten in die Pflicht, für die Errichtung fairer Lieferketten Verantwortung zu tragen.

Für weitere Informationen, wenden Sie sich bitte an Christina Ankenbrand. (Externer Link)