Sektorprogramm
Rohstoffe und Entwicklung

Internationaler Tag der Menschenrechte „Rohstoffe menschenrechtlich verantwortlich abbauen“ – Ein Gespräch mit der European Partnership for Responsible Minerals (EPRM)

Rohstoffabbau geht weltweit mit hohen menschenrechtlichen Risiken einher. Die European Partnership for Responsible Minerals (EPRM) stärkt verantwortungsvolle Lieferketten in risikobehafteten Regionen, besonders im informellen artisanalen Kleinbergbau (ASM). Zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember erklären Lisa Süß und Mayely Müller, wie die EPRM als Multi-Stakeholder-Initiative menschenrechtliche Risiken im Rohstoffsektor wirksam mindert.

Interviewer: Was ist die EPRM, und auf welche zentralen Themen und Instrumente konzentriert sich Eure Arbeit?

EPRM: Die EPRM ist eine Multi-Stakeholder-Initiative. Wir arbeiten mit Partnern aus verschiedenen Interessengruppen. Vertreten sind Europäische Regierungen wie Deutschland über das BMZ, Niederlande, Frankreich und Großbritannien sowie die EU, die OECD und die Weltbank als Beobachter. Dazu kommen Unternehmen entlang der ganzen Kette und viele zivilgesellschaftliche Stimmen und Partner.

Die EPRM wurde vor fast 10 Jahren als Begleitmaßnahme für die Gesetzgebung auf EU-Ebene zu Konfliktmineralien aufgesetzt mit Fokus auf Gold und 3T (Zinn, Wolfram und Tantal) in Konfliktregionen. Wir arbeiten mittlerweile aber insgesamt zu kritischen Rohstoffen mit einem Fokus auf menschenrechtlicher und Umweltsorgfaltspflicht in Regionen, in denen Risiken hoch sind. Es geht mittlerweile nicht mehr nur um Gold und die 3T, sondern um alle Mineralien, die im artisanalen Kleinbergbau (ASM) abgebaut werden.

Wir arbeiten mit verschiedenen Instrumenten und zu verschiedenen Themen. Für uns ist sehr wichtig, dass wir Projekte vor Ort umsetzen. Das haben wir in den letzten Jahren stark mit einem Pilotcharakter zu verschiedenen Themen gemacht: zum Beispiel zu Transparenz, Geschlechtergerechtigkeit, Arbeitsschutzmaßnahmen oder Standardentwicklung.

Komplementär zu den Projekten, fokussieren wir uns stark auf Kenntnisaustausch und Dialog. Das ist, was die EPRM einzigartig macht: Verschiedene Akteure von verschiedenen Gruppen entlang der Kette kommen in einer Initiative zusammen und können im geschützten Raum über schwierigere Themen sprechen und Lösungen finden.

Wir entwickeln Wissensprodukte und Instrumente und versuchen das auch in die weitere Diskussion mit einzubringen, sowohl in den Produktionsländern, aber auch mit der EU und in Diskussionen zu kritischen Rohstoffstrategien, damit der Kleinbergbau mit integriert wird.

Interviewer: Habt Ihr Partner, mit denen Ihr in den Ländern zusammenarbeitet?

EPRM: Die Projekte sind so aufgesetzt, dass wir sie als EPRM nicht selbst umsetzen, sondern die Projekte finanzieren. Pro Projekt gibt es immer eine Koalition aus Projektpartnern. Das können unsere Mitglieder sein, aber es ist offen für jeden, der ein Projekt umsetzen möchte.

Die Projektkoalitionen müssen einen Multi-Stakeholder-Charakter haben. Es sind NGOs beteiligt, die in den Ländern selbst angesiedelt sind. Gleiches gilt für wirtschaftliche Partner, z.B. Unternehmen, die im Idealfall auch den formalen Marktzugang herstellen können oder in die Lösung mit eingebunden sind.

Interviewer: Was macht den Rohstoffsektor speziell so anfällig für menschenrechtliche Risiken entlang der Lieferketten?

EPRM: Rohstofflieferketten sind im Vergleich zu anderen Lieferketten sehr komplex und fragmentiert. Eine Rohstofflieferkette hat viele Stationen und Zwischenhändler und ist dadurch schwer kontrollierbar. Rohstoffe werden häufig in Regionen abgebaut, in denen es weniger starke Governance-Strukturen gibt. Zudem werden Rohstoffe oftmals in Konfliktkontexten abgebaut und können gleichzeitig selbst Gegenstand von Kriegen und Konflikten sein.

Wenn wir auf den artisanalen Kleinbergbausektor (ASM) blicken, ist es wichtig, den Unterschied zum industriellen Bergbau zu betrachten. Der ASM-Sektor ist sehr informell und dadurch auch schwach reguliert. Das führt zu erschwerten Problemen dabei, Sicherheitsstandards durchzusetzen. Im ASM-Sektor arbeiten Menschen ohne gute Schutzausrüstung in Minen. Im kleinen und artisanalen Goldbergbau wird z.B. oft Quecksilber genutzt, was gesundheitliche- und Umweltschäden mit sich bringt. Es gibt sehr viele menschenrechtliche Dimensionen, speziell in Bezug auf Gender: Frauen haben kaum Zugang zu Lizenzen im Rohstoffabbau, Landrechten oder Finanzen, z.B. Kredite. Gleichzeitig werden sie schlechter bezahlt.

Als EPRM ist uns wichtig, diese Risiken zu integrieren und sich nicht zurückzuziehen. Die Arbeit im ASM-Sektor ist wichtig für die Versorgungssicherheit mit Rohstoffen, aber gleichzeitig auch ihre entwicklungspolitische Komponente. Laut Schätzungen sind 45 Millionen Menschen direkt im ASM-Sektor tätig und ungefähr 315 Millionen Menschen beziehen davon indirekt ihre Lebensgrundlage. Um von Armut wegzukommen, ist Beschäftigung ein zentraler Aspekt, daher ist der Bereich sehr bedeutend.

Interviewer: Wie kann man die Situation vor allem im ASM-Sektor verbessern? Was gibt es für Mechanismen, um die Menschenrechtslage oder Menschenrechtsrisiken zu verbessern?

EPRM: Das Wichtigste ist, das Image von ASM umzudrehen. Darum arbeiten wir auch an Narrativbildung. Denn es ist ein Trugschluss, dass ASM in der eigenen Kette ein Risiko darstellt oder am besten gar nicht in der Kette vorkommen sollte.

Unser Ansatz ist, zu zeigen, dass ASM an sich nicht menschenrechtlich problematisch sein muss. ASM gibt es in Ländern, in denen es viele menschenrechtliche Probleme gibt, aber man kann Mineralien oder Rohstoffe auf eine Art im Kleinbergbau abbauen, dass menschenrechtliche Standards, Geschlechtergerechtigkeit, Arbeitsschutz sowie die Rechte indigener Völker stärker gewahrt werden. Um dahin zu kommen, muss man als Unternehmen oder auch als Regierung Engagement zeigen und nicht versuchen, das Problem unter den Teppich zu kehren. Für uns ist zentral, dass das im Dialog und in Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort passiert.

In den letzten Jahren hat sich das Narrativ stark hin zu kritischen Rohstoffen und Versorgungssicherheit entwickelt. Im Fokus steht vor allem der Großbergbau und weniger die Rolle von Kleinbergleuten. Dabei ist es wichtig, darüber zu sprechen, wie man Kleinbergbau verantwortlich gestalten kann und wie Entwicklungsmöglichkeiten wie Einkommen und Jobs nicht gefährdet oder kriminalisiert werden. Der Fokus sollte darauf liegen, wie Kleinbergbau auf eine verantwortliche Weise in globale Lieferketten eingebaut wird.

Dabei geht es stark um formellen Marktzugang, Zugang zu Finanzierung, darum, die ganze Lieferkette mitzudenken und Zusammenarbeit über die Kette hinweg zu fördern. Diesen Ansatz verfolgen wir in der EPRM und sehen auch unsere Rolle darin, koordinierte Interventionen in Partnerschaft mit dem ganzen Netzwerk durchzuführen. Diese Veränderungen bringen Verbesserungen.

Interviewer: Wie kann das konkret aussehen? Gibt es ein Projektbeispiel, das zeigt, wie Eure Arbeit ganz konkret die menschenrechtlichen Bedingungen vor Ort verbessert?

EPRM: Ein Projekt, das wir aktuell in der DR Kongo implementieren, sind die „Cobalt Credits“. Das Projekt wird durchgeführt von der Impact Facility, Fairphone und weiteren Partnern. Die Cobalt Credits sind ein Book and Claim System. Das heißt, wenn man eine metrische Tonne Kobalt hat, die in einer bestimmten Kleinbergbaumine erzeugt wird und Mindeststandards erfüllt, wird ein Credit ausgestellt. Unternehmen am Ende der Lieferkette, z.B. Hersteller von E-Auto-Batterien, können diese Credits kaufen, und zwar unabhängig davon, ob dieses Kobalt physisch in der Lieferkette verwendet wird. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Credits fließen dann in einen „Mine Improvement Fund“. Über diesen werden wiederum Maßnahmen finanziert, die die Lage vor Ort verbessern, also Arbeitssicherheit, bessere Governance Strukturen, aber auch Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung für Bergbaugemeinden vor Ort.

Alles läuft über ein lokales Fund Allocation Committee, welches aus Vertreter*innen, von Minenarbeiter*innen und den Projektpartnern besteht. Diese entscheiden in einem transparenten Prozess über die Verwendung der Mittel. Dadurch können sie Entscheidungen treffen, wie z.B. zur Verbesserung von Arbeitssicherheit, zu fairer Bezahlung oder zu besseren Umweltstandards. Das Ziel ist, ASM-Kobalt planbarer zu machen und verantwortungsvollen Abbau zu gewährleisten.

Durch den Fund kann man sichergehen, dass Lebens und Arbeitsbedingungen vor Ort konkret verbessert werden. Der Plan ist, diesen Prozess, langfristig zu skalieren.

Interviewer: Welche Projekte und thematische Schwerpunkte sind für 2026 geplant?

EPRM: Es gibt viele Pläne für 2026. Wir feiern nächstes Jahr 10 Jahre EPRM und wollen analysieren, welche Projekte und Interventionen zu guten Outcomes geführt haben und was wir weiter ausbauen könnten. Es geht uns darum, das Netzwerk und Ökosystem, also all die Akteure, die zu ASM arbeiten, näher zueinander zu bringen. Für uns sind also Narrativ- und Strategiebildung für den ASM-Sektor über EPRM hinaus zentral, damit wir vielversprechende Ansätze in Partnerschaft mit anderen Akteuren skalieren können.

Wir wollen im nächsten Jahr mit der Umsetzung von zwei neuen Projekten beginnen, die schon auf erste positive Erfolge aufbauen. Außerdem bereiten wir gerade die Vergabe für ein neues Projekt zu Lithium in Simbabwe vor.

Wir arbeiten an einem ASM Engagement Framework für Downstream-Akteure, z. B. Automobilunternehmen, die wissen wollen, wie man sich auf eine konstruktive Art mit ASM in der Lieferkette auseinandersetzen kann. Dafür erarbeiten wir konkrete Guidelines. Und wir arbeiten an einem Policy Briefing, wie man ASM-Interventionen finanzieren kann.

Deutschland ist seit Januar 2020 Mitglied der European Partnership for Responsible Minerals (EPRM), vertreten durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das Sektorprogramm Rohstoffe und Entwicklung unterstützt die EPRM bereits seit 2016 im Auftrag des BMZ. Seit Mitte 2025 verstärkt eine vom GIZ Sektorprogramm entsandte Fachkraft das Sekretariat der EPRM.

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